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Was hat Hundetraining mit Menschenkenntnis zu tun?

  • mathiskleinschnitt
  • 11. Nov.
  • 4 Min. Lesezeit

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Eine befreundete Hundetrainerin mit eigenem Unternehmen und Angestellten, mit ner ganz großen Stange an Erfahrung, sagt zu mir oft: „Das Problem“ liegt meistens nicht bei den Hunden, sondern ihren Besitzer:innen.“ Die verstehen oft entweder nicht, dass Wuffis nicht wie Menschen funktionieren – oder der andere, noch häufigere Fall: Sie sind nicht in der Lage, konsequent in ihrem Erziehungsverhalten, bzw. ihrer Führung zu sein. Das bringt mich u.a. auf zwei Spuren: (1) Die „Hybris“ von Menschen, zu meinen, es wäre legitim, in alles und jedes „Menschliches“ - und damit oft ‚gefühlsmäßiges‘ hineinzuinterpretieren - wie z.B: „Ach, die Arme hat sich jetzt aber erschreckt, da braucht sie jetzt erstmal ein Leckerli“[1]. Und zudem davon auszugehen, dass Menschenverhalten und -sprache universell seien - neben der offensichtlichen Verweigerung, sich zu „Hundesprache“ herablassen zu wollen[2]. Die andere Spur (2) führt zu „keinen langen Atem haben“, einen Prozess in seiner Länge führen und „durchhalten“ zu können – es soll lieber über den Quick-fix gehen. Und wenn der nicht funktioniert und dann auch noch Coco (hier wieder Spur 1) „so süß guckt“, dann ist es schon wieder vorbei mit der Konsequenz und die Hündin hat „gewonnen“ und keine Verhaltungsänderung lernen dürfen. Hier scheinen eigene menschliche – z.T. sehr persönliche - Verhaltensweisen auf das Lieblingshaustier übertragen zu werden. Das führt mich zu Parallelen in anderen Bereichen, in denen (1) unreflektiert von eigenen Bedürfnissen und Meinungen auf andere geschlossen wird[3] und (2) es Widerwillen und/oder Bequemlichkeit von vielen Bürger:innen (und Entscheidungstragenden) zu geben scheint, genügend Geduld, Leidenschaft und Hartnäckigkeit für Prozessdauer aufbringen zu wollen und/oder können (Achtung, es folgen verkürzte, bewusst  plakative Beispiele[4]): Z.B. bei physischen und psychischen Veränderungs- oder Heilungsprozessen: Lieber direkt eine Tablette oder die OP, auch wenn andere Maßnahmen möglich wären[5]. Oder bei Bildung/ Lernprozessen: Die überwiegenden Schulstrukturen in BRD zwingen zu „Auswendig lernen – Überprüfung – Vergessen… Wo hat da nachhaltigeres motivationales Lernen und Denken Platz? [6]Oder auch in der Politik: Überwiegend werden kurzfristige Entscheidungen für Wahlperioden getroffen anstelle von Weichenstellungen für das Wohl der Menschen in kommenden Jahrzehnten.Ich bin kein Hundeverhaltens-Experte, sondern Coach und ich hatte ursprünglich nicht vor, vom Hundi auf große Gesellschaftsthemen zu kommen – jedoch wird hier deutlich, wie viel dann doch das eine mit dem anderen zu tun haben kann, Komplexität lässt grüßen :-) .Ich möchte zum Ausgangsthema zurückkommen: Das ‚Menschen erkennen können‘, welches nötig scheint, um Hundehalter:innen zu Veränderungen des eigenen Verhaltens anzuregen, um damit Verhaltensänderungen ihrer Vierbeiner bewirken zu können. An dieser Stelle sei darauf verwiesen, dass nicht gemeint ist, auf die Menschen psychisch manipulierend einzuwirken, denn das ist im Hundetraining 1. nicht der Auftrag und 2. wäre es übergriffig. Jedoch: Rex und Bella scheinen durchaus auch eine Spiegelfunktion für die Verhaltensmuster ihrer Besitzer:innen zu haben: Wieviel Unterwürfigkeit erwartet ein Mensch? Wieviel Liebe soll das Pelzknäul dem Besitzer entgegenbringen? Kann die Person klar erkennen und dann auch kommunizieren, was sie sich ‚tatsächlich‘ vom Wauzi wünscht? Wie gehen die Hundeliebhabenden mit dem Vierbeiner um, wenn der wiederum – ganz eigenes Wesen – sein eigenes Ding macht, was weder mit der Terminplanung noch der Wohnungseinrichtung der BesitzerInnen zusammenpasst? Welche Bedürfnisse und dysfunktionalen Muster bringt die Wauwau mit? In diesem Zusammenhang benötigt es eine ganz ordentliche Portion Geduld, Analyse und Kompetenz, um die Menschen mit ihren Mustern ‚erkennen‘ und einordnen zu können. Diesen Schritt benötigt es scheinbar zusätzlich zur Einschätzung der Macken des Tieres, um daraufhin dem Menschlein schmackhaft machen zu können, wie und was es Überlegen, Klarkriegen und daraufhin Meinen und Sagen möchte und sollte (und dies in entsprechender Hundesprache), damit Wuffi eine Chance hat, zu verstehen, was Phase sein soll. Nun gibt es ein ganzes Portfolio von Personen, die sich aus sehr unterschiedlichen Gründen „des Menschen besten Freund“ halten. Es ist meistens aufschlussreich und oft auch humorvoll, wenn meine befreundete Hundetrainerin und ich uns über Zwei- und Vierbeiner austauschen – und dadurch im besten Fall im Hundetraining mit Klarheit auf menschliche Verhaltensmuster hingewiesen werden kann, welche den Lernchancen der liebsten Vierbeiner im Wege sind. Wuff.


[1] Die Projektion von menschlichen Eigenschaften geschieht ja gerne auch auf Comicfiguren, Bots, Zimmerpflanzen oder Autos, was aus Spaß an der Freude ja kein Problem ist, jedoch bisweilen über den Spaß hinaus bis zur Ernsthaftigkeit, bzw. Realitätsverwechslung geschieht.

[2] Wobei dies wiederum der menschlichen Annahme - Hybris - unterliegt, wir könnten neben den Menschensprachen auch ‚die Hundesprache‘ entschlüsseln und verstehen. Ich vertraue hier jedoch auf die langjährige Erfahrung und Expertise und Erfolge von Hundetrainerinnen, wie meine Freundin eine ist - und der Wissenschaft.

[3] Dies ist alltäglich in etlichen Bereichen (in Familien, Beziehungen, Betrieben, politischen Gruppierungen, Sozialen Medien, etc.) und der sich darin abspielenden Kommunikation zu beobachten, in der Meinen- Mitteilen-Verstehen nicht präzise beobachtet und begriffen wird und sich individuelle Projektionen drüberlegen, was zunächst menschlich ist, jedoch ein hohes Störungs- und Missverstehenspotential beinhaltet.

[4] Es ist vollkommen klar, dass hier mehrdimensionale Gründe für derartige gesellschaftliche Phänomene vorliegen (individualökonomisch, sozial, gesamtwirtschaftlich, politisch, etc.).

[5] Ich spreche hier nicht von medizinisch unbedingt notwendigen Maßnahmen!

[6] Wie z.B.: Fragen stellen lernen, mehrdimensionale Perspektiven entwickeln lernen, etc.

 
 
 

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